Wer träumt nicht davon, in der Zeit zu reisen? Einen kleinen Ausflug in die Vergangenheit bietet seit 2013 die Rubrik «einst und jetzt» in der «Frauenfelder Woche». Dabei wird jeweils eine alte Stadtansicht einem aktuellen Bild mit dem gleichen Motiv gegenübergestellt. Aus der beliebten Reihe haben Angelus Hux und Samuel Zurbuchen nun ein ganzes Buch gemacht. Der Bildband «Frauenfeld – einst und jetzt» wurde am Donnerstag, 9. November feierlich im Rathaus Frauenfeld vorgestellt.
Das Gesicht der Stadt
Bis auf den letzten Platz besetzt war der Bürgersaal des Rathauses, als Stadtpräsident Anders Stokholm die Buchpräsentation eröffnete. In einer philosophisch angehauchten Rede wies er auf den unerbittlichen Lauf der Zeit hin, der sich in den Bildern von früher und heute zeige. Er verglich die Stadt mit einem Gesicht, in dem sich die Spuren der Zeit abzeichnen. Erst im Rückblick könne man die Entwicklungen nachvollziehen, die zur gegenwärtigen Situation führten und daraus eine Prognose der Zukunft wagen: Wie sieht wohl in hundert Jahren der Blick auf unsere heutige Zeit aus?
Werbeschrift und Anklage
Nach einer musikalischen Einlage der Akkordeonistin Franziska Grundl und der Sängerin Katharina Giger-Gasse, die diese Veranstaltung stimmig begleiteten, liess in gewohnt geschliffener Manier Angelus Hux Revue passieren, wie es zum Buch kam. Bereits bei der Arbeit zu einem früheren Buch mit historischen Fotografien drängte es sich auf, den alten Fotos Vergleichsbilder von heute entgegenzustellen. Die Idee wurde dann von der «Frauenfelder Woche» aufgenommen und umgesetzt: Angelus Hux lieferte jeweils ein historisches Bild und einen Text dazu, Samuel Zurbuchen fotografierte die Ansicht aus heutiger Perspektive. Was als Projekt für fünf oder sechs Ausgaben begann, wurde zum beliebten Dauerbrenner, der in der Bevölkerung reges Interesse und Begeisterung hervorrief.
Im aktuellen Fotoband sind die meisten bisher erschienenen Bildpaare in überarbeiteter Form versammelt. Es sei einerseits eine Werbeschrift für die Stadt, die so viel Schönes zu bieten habe, andererseits auch eine Anklage: So manche Bausünde werde in den Bildern offenbar. Vor allem aber soll das Buch Erinnerungen wecken – der Vergleich, der die beiden Bilder zunächst wertfrei nebeneinanderstellt, werde schnell emotional, da jeder seine eigene Geschichte mit dem dargestellten Ort verbindet. Wenn Bilder mehr als tausend Worte sagen, schloss Hux, dann sage ein Bildvergleich mehr als tausend Sätze.
Detektivische Bildersuche
Dass der Bildvergleich überhaupt möglich wurde, ist Fotograf Samuel Zurbuchen zu verdanken. Eindrucksvoll erzählte dieser an der Vernissage, wie er von einem Bilderjagdfieber gepackt wurde. Seine Aufgabe war es nicht nur, die Fotos der aktuellen Situation zu schiessen. Zunächst galt es, herauszufinden, von welchem Standpunkt der Fotograf des alten Bildes seine Aufnahme gemacht hatte. Mit detektivischem Spürsinn und viel Recherche ermittelte Zurbuchen die Position des alten Fotos, damit das Bildpaar übereinstimmte. Die Technologie half dabei entscheidend weiter. Als sich Samuel Zurbuchen eine Drohne zulegte, konnte er Luftaufnahmen machen – ab 2016 sogar mit unterschiedlichen Objektiven. Neben der Suche nach der richtigen Perspektive war für das perfekte Bild auch das richtige Klima ausschlaggebend – nicht selten habe er unvermittelt für ein Foto aufbrechen müssen, um besondere Wetterverhältnisse auszunutzen. Bei der Erstellung der Fotos unterstützte ihn Dario Hässig, der einige der Fotos für das Buch beisteuerte.
Das Buch ist der beste Beweis, dass sich der Einsatz gelohnt hat. Diesen wussten auch die zahlreichen Besucher der Buchvernissage zu schätzen. Wer von Autor Angelus Hux ein Autogramm in seinem Buch haben wollte, der musste lange anstehen!
Miriam Waldvogel/Frauenfelder Woche